Wer Frauen hilft, hilft Afrika

18.07.2017
Pressemitteilung

Wer Frauen hilft, hilft Afrika: am 18. Juli 2017 wird international an den großen Staatsmann Nelson Mandela erinnert. Sabine Weiss MdB, Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ordnet sein Wirken und die Herausforderungen in der weltweiten Gleichstellung von Frauen für uns in einem Namensartikel ein.

„Die Freiheit kann nicht erreicht sein, solange Frauen nicht von allen Formen der Unterdrückung befreit sind." Diesen Satz hat Nelson Mandela im Parlament von Südafrika bei seiner Rede zu seiner Amtseinführung als Präsident am 10. Mai 1994 gesprochen. Für die meisten war dieser Titan der Geschichte ein Kämpfer gegen die Apartheid, gegen die unmenschliche Rassentrennung in Südafrika. Nelson Mandela war aber auch ein Kämpfer für die Gleichberechtigung der Frau. Deshalb ist es auch richtig, am heutigen Nelson-Mandela-Tag diesem Thema besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Leider ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau weltweit keineswegs erreicht. Auf dem Papier mag sie juristisch weitestgehend bestehen. Die Praxis ist ganz oft eine andere.

Die Bandbreite der Ungleichbehandlung ist groß. In den Medien wird als Beispiel in der arabischen Welt immer wieder das Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien hervorgehoben. Natürlich gehört dies beseitigt und es ist zu hoffen, dass der Generationswechsel auch in der männerdominierten saudischen Führung hier ein Umdenken mit sich bringt. Für viel schlimmer halte ich aber die Diskriminierung bei der Bildung, bei der Berufsausübung oder im Geschäftsleben. Sie nimmt Frauen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben.

Die Diskriminierung fängt im Kindesalter an. In den meisten armen Ländern können Mädchen weniger in die Schule gehen als Jungen. Dabei gibt es im frühen Kindesalter durchaus auch Fortschritte. Wäh¬rend im Jahr 2000 noch 100 Mio. Kinder im Schulalter nicht in Grundschulen gingen, sind es heute nur noch ca. 55 Mio. Kinder und das bei einer stark gewachsenen jungen Bevölkerung. Und bei der Grundbildung sind Mädchen auch nicht mehr benachteiligt, wie die globale Statistik der Weltbank zeigt. Die Einschulungsraten sind da in etwa gleich. Ein starker Schwerpunkt der internationalen Entwicklungspolitik auf Grundbildung, auch durch viele privat finanzierte Initiativen, hat hierzu sicherlich beigetragen. Das betrifft die Finanzierung von Schulbauprogrammen, aber auch Vorgaben bei der Vergabe der Gelder, dass Mädchen in gleicher Weise der Schulbesuch zu ermöglichen ist wie Jungen. Für Maßnahmen des deutschen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist hier die Gleichberechtigung ein essenzieller Grundsatz, und das ist richtig so.

Weniger gut sieht es in der Sekundarbildung aus. In großen Regionen wie Nord-Afrika oder West-Asien z.B. schicken die Eltern eher ihre Söhne in die Schule als ihre Töchter, und vor allem gehen Jungen länger in die Schule. So kommen auf 100 Jungen in den unteren Sekundarschuljahren 85 Mädchen, in den höheren Jahren nur noch 77. Wie wichtig aber die Sekundarbildung ist, zeigt eine Analyse der Weltbank, wonach ein Jahr mehr Sekundarschulbildung später zu einem um 25% höheren Einkommen bei Frauen führt. Wir müssen alle dafür kämpfen, dass den Mädchen und Frauen diese Chance nicht genommen wird.

Viele nicht in die Schule gehenden Mädchen werden stattdessen zwangsverheiratet. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation ONE werden jeden Tag 39.000 Mädchen unter 18 Jahren zu Kinderbräuten. Pro Minute ist das etwa eine Schulklasse.

Die Diskriminierung von Frauen setzt sich in der Berufsausbildung und im Berufsleben selbst fort. In Ländern wie Afghanistan erlauben die Männer in konservativen, sehr traditionell geprägten länd-lichen Räumen ihren Frauen vielfach nicht, die Häuser zu verlassen und erst recht nicht zu arbeiten. Sie könnten dort ja einen fremden Mann treffen!

Aber selbst wenn Frauen arbeiten dürfen, werden ihnen vielfach Steine in den Weg gelegt. Z.B. ist es für Frauen in vielen Entwicklungsländern von Südasien bis Afrika in der Praxis ganz schwer, ein Unternehmen zu gründen und sei es auch nur ein kleines. Dabei dürfen sie nach das Gesetz meistens. Frauen besitzen anders als Männer aber meistens kein Eigentum, z.B. ein Grundstück, das sie als Sicherheit vorweisen können, wenn sie einen Kredit aufnehmen wollen. Das Ergebnis ist, dass Frauen von vielen Banken in Afrika auch heute noch keine Kredite bekommen. Ihr unternehmerisches Potenzial bleibt damit ungenutzt, wenn sie nicht über ausreichende Ersparnisse verfügen, um ein kleines Unternehmen zu gründen. Selbst die Gründung kleiner Betriebe, wie einem Restaurant oder eine Näherei kann daran scheitern. Muhammad Yunus hat dieses Problem früher als andere erkannt und in der von ihm in Bangladesch gegründeten Grameen-Bank die Kreditvergabe an Frauen zu einem besonderen Schwerpunkt gemacht. 2006 erhielt er auch dafür den Friedensnobelpreis. Damit schließt sich auch ein Kreis zum Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela von 1993.

Im Getöse um die gewalttätigen Ausschreitungen von Hamburg ist leider untergegangen, dass sich ganz aktuell auch die G20-Staats- und Regierungschefs mit dem Thema befasst haben. So wurde durch Bundeskanzlerin Angela Merkel die Idee von Ivanka Trump zur Gründung eines Fonds zur Förderung von Unternehmerinnen in Entwicklungsländern auf die G20-Ebene gehoben und in Hamburg durch den Gipfel unterstützt.

Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist ein Menschenrecht. Daran muss auch durch die Politik immer wieder erinnert werden, und es muss konkret daran gearbeitet werden. Die deutsche Entwicklungspolitik legt daher bei allen Maßnahmen, vom Bildungs- über den Gesundheitsbereich bis zur Förderung des Klimaschutzes und der Privatwirtschaft, großen Wert darauf, dass die Gleichberechtigung von der Planung bis zur Durchführung und Evaluierung integraler Bestandteil der Projekte ist. Essenziell für die Sicherung der Gleichberechtigung sind aber auch die internationale Zivilgesellschaft und die von ihr durchgeführte Entwicklungsarbeit vor Ort. Nichtregierungsorganisationen und kirchliche Träger kommen bei ihren Projekten in Entwicklungsländern oftmals viel dichter an die Menschen und Gemeinden heran als die staatliche Entwicklungszusammenarbeit. Die staatliche Entwicklungspolitik kann helfen, die Gleichberechtigung in den Gesetzen zu verankern. Die zivilgesellschaftliche Entwicklungspolitik hat dann die Chance, ihre Umsetzung auf der Graswurzelebene zu begleiten.

Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela hat mit seinem auf Frieden, Gleichberechtigung und Ausgleich ausgerichteten Lebenswerk die Menschheit auf der ganzen Welt inspiriert. Ich schließe daher mit einem weiteren Zitat von diesem wunderbaren Mann, dem ich mich uneingeschränkt anschließe: „Solange Frauen in Armut gefangen sind, und solange auf sie herab gesehen wird, werden Menschenrechte substanzlos bleiben".